Früherkennung

Eltern-Kind-Entfremdung ist ein strukturelles Problem, das Mütter und Väter nach Trennung und Scheidung gleichermaßen betreffen kann.

Eltern-Kind-Entfremdung kann ganz unterschiedliche Ursachen haben und hat oft sehr komplexe Motivlagen, dazu gehört u.a.:

  • Konflikte auf der Paarebene (Frau – Mann) werden auf der Elternebene (Mutter – Vater) ausgetragen
  • Mutter und Vater konkurrieren darum, wer der bessere Elternteil ist
  • Schwiegereltern, Freund/innen, Dritte nehmen Einfluss auf die Gestaltung der Betreuung
  • umgangsberechtigter Elternteil hat Konflikte mit dem Kind
  • umgangsberechtigter Elternteil war unzuverlässig und/oder hat zeitweise von sich aus den Kontakt zum Kind abgebrochen
  • Kind will den betreuenden Elternteil schützen (Parentifizierung), betreuender Elternteil hat eine unsichere Beziehung zum Kind und Angst „das Kind zu verlieren“
  • Kind will sich aus dem Elternstreit retten (Loyalitätskonflikt) und „opfert“ die Beziehung zu einem Elternteil


Merkmale sind:

bei den Eltern

  • Betreuender Elternteil verweigert die Kommunikation, Beratung und Mediation
  • gegenseitige Entwertung mit negativen Zuschreibungen („Missbraucher, gewalttätig, Psychopath“)
  • Notwendigkeit einer familiengerichtlichen Auseinandersetzung
  • Pflichten und Rechte werden missachtet, familiengerichtliche Anordnungen nicht befolgt
  • Kontakt zum mütterlichen/väterlichen Familiensystem (Großeltern, Verwandte) ist abgebrochen
  • Jugendamt, Gerichte, Beratungsstellen, Verfahrenspfleger/innen haben sich einseitig positioniert
  • ausgegrenzter Elternteil wird stigmatisiert („gefährlich, nicht erziehungsfähig“)
  • Kind wird als gestört und therapiebedürftig dargestellt, weil der Umgang mit dem anderen Elternteil ihm schadet

 

bei den Kind/ern

  • befinden sich in totaler Abhängigkeit vom betreuenden Elternteil (Loyalität)
  • ist manipuliert und lehnt jeden Kontakt ab. „Ich will nicht…“ (Kindeswille)
  • kann die Tragweite und Folgen „seiner Entscheidung“ (Kindeswille) nicht absehen
  • bewertet normales Erziehungsverhalten des ausgegrenzten Elternteils dramatisch, erfindet „schlimme“ Geschichten, glaubt am Ende selbst daran, dass es diese erlebt hat
  • entwickelt eine negative Repräsentanz vom „bösen, gefährlichen“ anderen Elternteil
  • verhält sich teils überangepasst beim betreuenden Elternteil (oft gute Schulleistungen)
  • familiengerichtliche Auseinandersetzungen der Eltern werden dem ausgegrenzten Elternteil zur Last gelegt und als Angriff auf den „guten“ betreuenden Elternteil gewertet

 

Was ist guter Umgang bzw. gute  Betreuung?

Eltern

Vater und Mutter

  • können Paar- und Elternebene trennen und die Bedürfnisse des Kindes in den Mittelpunkt ihrer Nachtrennungsbeziehung stellen
  • haben sich einvernehmlich auf die Betreuung ihres Kindes/ihrer Kinder verständigt
  • gehen respektvoll und wertschätzend miteinander um
  • tauschen zeitnah Informationen aus, gestalten ggf. die Betreuung flexibel (Termingestaltung)
  • unterstützen sich in Krisen und Notfällen
  • nehmen bei Fragen und Problemen (gemeinsam) Beratung und Hilfe in Anspruch

 

Kinder

Die Kinder

  • haben gute Beziehungen zu beiden Eltern
  • können mit beiden Eltern offen über ihre Sorgen und Probleme reden (kein Loyalitätskonflikt)
  • können (angstfrei) Wünsche äußern (z.B. zu Veränderungen in Betreuung und Umgang)
  • verlassen sich sicher auf Unterstützung durch beide Eltern (keine Parentifizierung)
  • haben auch Kontakt zu Großeltern und der übrigen Verwandtschaft


Intervention – Rat und Hilfe Sie erhalten Rat und Hilfe

  • vom anderen Elternteil •bei Erziehungsberatungsstellen, in Kursen (z.B. Kinder im Blick)
  • beim Jugendamt
  • bei Therapeuten und Ärzten
  • beim Väteraufbruch für Kinder e.V. (siehe Hotline oder Flyer „Kooperative Elternschaft“ und andere).
Betreuungs- und/oder Umgangsstörung bzw. -behinderung

Eltern

Betreuungs- bzw. Umgangsstörung und -behinderung liegt vor, wenn:

  • ein betreuender Elternteil ein Wechselmodell trotz Angebot und Realisierbarkeit „im Sinne des Kindeswohls“ ablehnt
  • sich die Eltern nicht einvernehmlich auf Betreuung und Umgang verständigen können
  • der betreuende Elternteil über die Durchführung des Umgangs bestimmt (Zeit, Gestaltung, Beteiligte)
  • die Beziehung zum anderen Elternteil negativ gekennzeichnet wird
  • das Kind formal Umgang wahrnehmen muss, aber keine „Beziehung“ pflegen darf
  • Umgang (ohne „nachvollziehbaren Grund“) häufiger ausfällt und nicht nachgeholt wird
  • der betreuende Elternteil mitteilt: „Das Kind will (heute) nicht…“
  • es zwischen den Eltern kaum oder keine Kommunikation / keinen Informationsaustausch gibt bzw. das Kind zum Informationsaustausch „missbraucht“ wird
  • es Probleme bei der Übergabe gibt •Vater/Mutter nicht in der Lage sind, auf Wünsche des Kindes einzugehen
  •  

Kinder

wenn das Kind sein Verhalten im Umgang schleichend oder plötzlich ändert (Vorsicht: kann auch entwicklungsbedingt sein – Kind kommt z. B. in die Pubertät!) es sich vorsichtig, ängstlich und berechnend verhält, Themen meidet

  • es nicht mehr im Umgang übernachten will oder einen Urlaubs- aufenthalt ablehnt
  • es beim Umgang über den Elternteil bestimmten will: „Das musst du aber so machen!“
  • es den Umgang reduzieren will •es Verhaltensauffälligkeiten zeigt (kann auch entwicklungsbedingte Gründe haben)

 

Intervention

Beratung und Hilfe In diesen Situationen ist es dringend erforderlich, dass Sie sich zeit- nah Rat und Hilfe von Dritten einholen. Hierzu stehen zur Verfügung:

  • Erziehungsberatungsstellen
  • Jugendamt (Anspruch nach § 18 (3) SGB VIII Kinder-Jugendhilfe- Gesetz)
  • Therapeuten und Kinderärzte
  • Väteraufbruch für Kinder e.V.
  • Es kann unter Umständen notwendig sein, die Betreuung und den Umgang familiengerichtlich festlegen zu lassen
Umgangsboykott/Kontaktabbruch

Eltern

  • Erkennbare einseitige oder gegenseitige Entwertung von Vater und/oder Mutter, in Einzelfällen auch Missbrauchs- und Gewaltvorwürfe eines Elternteils
  • extreme Abhängigkeit des Kindes vom betreuenden Elternteil, Konkurrenz, Verlustangst (führt zum Loyalitätskonflikt und zur Parentifizierung)
  • fehlende Bindungstoleranz als ausgrenzende Haltung •der betreuende Elternteil verweigert einseitig den Umgang – „Du kannst dein Kind nicht sehen, nicht mit ihm sprechen“, „Das Kind will nicht!“
  • neuer Partner/neue Partnerin als Vater-/Mutterersatz – „ neukonstituierte Familie“
  • Kommunikationsverweigerung mit dem ausgegrenzten Elternteil
  • Verweigerung von Beratung und Mediation, Ablehnung von Gesprächen im Jugendamt
  • über einen längeren Zeitraum keinen Kontakt zum Kind (Entfremdungsprozess)
  • Notwendigkeit familiengerichtlicher Klärung (als letzte Instanz)


Kinder

  • Das Kind befindet sich in einem extrem zerreißenden Loyalitätskonflikt (ältere Kinder retten sich durch einen Beziehungsabbruch)
  • es äußert den (verfestigten) Willen nicht zum anderen Elternteil zu wollen
  • es arbeitet aktiv am Umgangsausschluss mit, wertet den anderen Elternteil ab •es verweigert auch begleiteten Umgang und jede Kontaktform (Telefonate, Briefe etc.)
  • es schützt den betreuenden Elternteil
  • es ist überangepasst, verhält sich unauffällig, hat gute Schulnoten
  • es zeigt Verhaltensauffälligkeiten (Kind muss in Therapie)

 

Intervention – Beratung und Hilfe

In einem solchen Stadium des boykottierten Umgangs, des Kontaktabbruchs und der Entfremdung, ist dringend eine zeitnahe massive Intervention geboten. Scheitern Vermittlungsversuche des Jugendamtes, so sind umgehend Anträge an das Familiengericht zu stellen!

  • Anordnung einer Wiederanbahnung des Kontaktes durch begleiteten Umgang
  • Anordnung von Elterngesprächen und Mediation
  • Überprüfung der Erziehungsfähigkeit der Eltern
  • Kinderschutzmaßnahmen durchführen